Mein
spannender Weg zur Körperfotografie, zur Menschenfotografie allgemein
gestaltete sich umständlich - aber auch stetig. Wie er sich entwickelte
und welche interessanten Umwege ich beschritt, darüber möchte ich in
diesem Beitrag schreiben. Wohlwissend, dass ich noch lange nicht an ein
Ziel, in einen statischen Zustand gelangt bin, so bin ich der festen
Überzeugung, dass dieser Weg, wie es der des ewigen Lernens im Leben
ist, auch hier keine Ausnahme bildet. Jeder Mensch, der sich ernsthaft
mit der Fotografie beschäftigen "will", der steht mit seinen ersten
Bildern in der eigenen Kritik.
Ich habe zwar schon auf dem ersten Film mit meiner trivialen Kodak
"Ritsch-Ratsch-Klick" - Kamera meine damalige französische Freundin
abgelichtet, ebenso aber einen Marinezerstörer in Husum, die dortige
Jugendherberge sowie die Stadt. Nach der Kodak kam die erste
Spiegelreflex und damit begann die eigentliche, spannende Reise durch
die unendlichen Motivwelten. Resümierend möchte ich vorwegnehmen, dass
ich trotz der ausschweifenden Fotoreihen mit anderen Motiven doch wieder
zurück zu den anfänglichen Vorlieben, nämlich der Menschen-Fotografie
zurück gekehrt bin.
Am Anfang war durch das aufkeimende Interesse am anderen Geschlecht
schlechthin der Wunsch entstanden nicht nur meine auch aus heutiger
Sicht sehr fotogene erste "richtige" Freundin zu fotografieren. Mit
offenen Augen durch die Welt gehend gab es für mich schon immer sehr
viele in meinen Augen "hübsche" Frauen; als Jugendlicher natürlich eher
Mädchen. Nicht jede derer wollte ich fotografieren, ich dachte nur bei
einem bestimmten Typus darüber nach, dass genau dieses Mädchen in exaxt
dieser Situation, jetzt in diesem Augenblick ein wundervolles Motiv für
ein hervorragendes Bildnis hergäbe. Ich möchte an dieser Stelle
besonders für die oder den fragende(n) Leser(in) deutlich machen, dass
es mir nicht darum ging, all diese Mädchen zu meiner Freundin zu
gewinnen, sondern sie zu fotografieren.
So kam es zu Situationen wie jene, in der meine damalige Partnerin - in
gemeinsamen Vertrauen zwischen uns beiden - ihre Klassekameradin, die
für mich sehr fotogen war, fragte, ob sie Spaß an einem Fotoshooting
hätte. Bald darauf sollte es sich ergeben. Durch die wahre Begeisterung
des Modelles über ihre Bilder wurden sogar drei Shootings innerhalb von 2
Jahren daraus. Diese beeinflussten die Partnerschaft mit meiner
Freundin nicht. In verfremdeter Form stelle ich eines der Bilder später
aus, und zwar deswegen verfremdet, weil ich als 17jähriger noch nichts
über Modell-Release wußte, bzw. nicht mal im Ansatz an Veröffentlichung
zu denken war und es das Internet schlicht nicht gab. Ja, so lange ist
es her! Auch kann ich nicht einfach vom Einverständnis des hübschen
Mädchens mit ihren braunen langen Haaren ausgehen, ihr Bild hier zu
veröffentlichen.
So habe ich in den Endsiebzigern und Achtziger Jahren mit der
Fotografie begonnen. Nicht alleine habe ich dieses Hobby betrieben, denn
während meiner neunjährigen Oberschulzeit waren in meinem direkten
Schulfreundeskreis zwei weitere Jungs ebenso ernsthaft an der Fotografie
interessiert, wie ich. So unternahmen wir gemeinsam unzählige
Fototouren.
Mein Motiv sollte von da an in der kommenden Zeit immer wieder wechseln. Ich empfand es damals - wie heute - niemals verwerflich, wenn sich ein Fotograf nicht auf nur wenige Motive in seiner Fotografie beschränkt. Bei Goethe las ich sinngemäß einmal einen Satz über das Fachidiotentum: Je kleiner sein Reich, desto konzentrierter die Kraft. Meiner Ansicht nach steckt viel Wahrheit darin. Jeder Mensch kann sich dabei selbst aussuchen, wie er in seinem Leben seine Kräfte einsetzen möchte: breit gefächert oder in die Tiefe gehend. Es gibt für beide Richtungen gute Gründe.
So kam ich zur Natur- und Landschaftsfotografie. Dieses Motiv hat mir
durch seine Statik viel über das Thema Bildkomposition vermittelt. Bei
gemeinsamen Bildbesprechungen der gleichen Motive mit unterschiedlichen
Ergebnissen wetteiferten wir, unterstützt von eigenen "Klugscheißereien"
über Betrachtungswinkel, Horizontaufteilung oder fehlendem Vordergrund
um das bessere Foto.
An
der nächsten Abzweigung des Motivweges geriet ich in die Fänge der
Architekturfotografie. In den Metropolen Köln und Düsseldorf, aber auch
in Wuppertal und dem Bergischen Land wurden wir leicht fündig. Tilt und
Shift noch als unbedeutende Fremdworte abgetan und mangels nicht
existenter Rechner mit nicht vorhandenem Gimp oder Photoshop stürzten
uns die Linien nur so um die Ohren, wenn wir nicht weit genug weg das
Teleobjektiv in Anschlag brachten.
Manchmal flackerte während der ausgedehnten Städtetouren neben uns das
Motivlichtlein der Streetfotografie auf, während uns dieser heute so in
Mode gekommene Begriff und das Genre als Motiv völlig unbekannt war.
Dennoch hatten wir so manches Motiv als lohnenswert für ein
aussagekräftiges Foto bewertet und nach Blenden- und Zeiteinstellung mit
dem Schnittbildindikator nach der flüchtigen Schärfeebene gefahndet.
Zoos waren und sind weiterhin ein dankbarer Motivdschungel. Tiere
ergeben für mich auch heute noch teils interessante, teils dramatische,
aber auch skurile und lustige Fotografien. Am See bei uns waren die
frechen, nimmersatten Enten ein beliebtes Motiv und vor so manchem
fauchendem Höckerschwan mussten wir uns hinter eine Bank retten.
Trotz all diesen Ausflügen in andere Themenbereiche der Fotografie
gesellte sich auf die Filme immer wieder hier und da ein Negativ eines
schönen Menschen, vornehmlich das Gesicht und besonders die Linien eines
Mädchens. Ich bin aus noch ungeklärter Ursache nicht Fotograf geworden,
obwohl ich mich zeitlebens damit beschäftigte. Doch diese Geschichte
ist eine andere als diese hier.
Als vorläufiges Fazit habe ich für mich die Erkenntnis gewonnen, dass
mich die aufreibenden Reisen zu den verschiedensten Motiven bei der
Entwicklung meines fotografischen "Könnens" unterstützten. Bei der
Umsetzung des Erkannten konnte ich häufig die Schwierigkeiten erleben,
es einfach anders zu machen. Das Alles geschah in der Zeit während des
"restlichen"* Lebens. Die Veränderungen im eigenen Anspruch mal beiseite
gelassen, gewährt mir die Einsicht über meine technischen
Unzulänglichkeiten mindestens eine Erkenntnis: für eine ernsthafte
Auseinandersetzung mit der Güte meiner Bilder braucht's mehr als nur ein
Forum oder ein Bildhoster mit Favoriten oder "Like" - Häckchen -
Funktion. Persönliche Besprechungen mit Leidensgenossen oder
nichtvirtuellen Bildansehern kann ich nur wärmstens empfehlen.
Ich empfehle desgleichen jedem Fotografie-interessiertem weite Ausflüge
in die verschiedensten Motivwelten. Im weiteren Verlauf jedoch halte
ich eine Vertiefung von wenigen Motiven als diffuses Ziel für
lohnenswert, dies in Angriff zu nehmen. Es bedeutet ja nicht eine starre
Festlegung auf ewig. Ein gelegentlicher Blick über den Tellerrand
verhilft einem entweder zur weisen Erkenntnis, dass man doch eine andere
Richtung der Fotografie im Blut hat oder die Erkenntnis, dass man in
den bekannten Gewässern wunderbare "Landschaften" dokumentiert.
Noch eine abschließende Bemerkung über die Familienfotografie: Auch
wenn viele Fotografielehrer in ihrer Lehre diesen Zweig der Fotografie
gleichbedeutend mit allen anderen Bereichen als lehrwürdig betrachten,
so möchte ich dem einen Gedanken entgegenhalten, der mich am Ziel dessen
zweifeln lässt: Wenn ich mich in der Fotografie bilden möchte, so mache
ich mir Gedanken über viele Bedingungen des Abbildens, ich lerne viel
über Dinge wie Einstellungsmöglichkeiten, Licht und Dunkelheit. Doch ich
meine, jedes Bild der Familie, das aus lehrfotografischer Sicht nicht
gemacht wurde ist ein verlorenes Bild. Lieber 30 mittelmäßig
fotografierte Bilder des Kindes bei nur einem gelungenem, als auch nur
ein einziges, verpasstes Bild, denn in Zeiten des kostenlosen Speicherns
der Bilder ist es einerlei. Mit der Zeit sollte sich die Art und Weise
der Abbildungen beim ambitionierten Fotografen zwangsläufig weiter
entwickeln. Will man aber das Familienleben vielleicht in Form von
Jahresfotobüchern dokumentieren, für die Nachkommen Aufnahmen
zusammenstellen, so meine ich, man solle lieber einmal mehr auslösen.
*
Das wirkliche Leben ist für mich sehr plakativ gesagt weiterhin die
Vereinigung von Selbstentwicklung und - vor allem - Partnerschaft mit
Familie inklusive allen Baustellen und Nebenkriegsschauplätzen wie
täglicher Hausaufgaben - Hilfestellung zur selbstständigen Erledigung
derselben durch die lieben Kinder.
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