Freitag, 7. Dezember 2012

23. Bewegungen - Der Hüftschwung

   Die Besonderheit beim Fotografieren von Menschen, oder besser gesagt, einen Hintern zu fotografieren, während der Mensch zu Fuß unterwegs ist, obliegt schon einigen schwierigen Bedingungen und besonderen Herangehensweisen. Aber auch einer besonderen Beziehung zur Bewegung an sich unterliegt diese Art der Fotografie. Das Bild, das im Auge des Betrachters entsteht, ist immer ein Bild der Bewegungsabläufe.
   Zugegeben, manchmal ist das Bild ein statisches, wie ein Gemälde, wenn die Person an einer Ecke stehend eine Nachricht in sein Mobiltelefon tippt oder auch gespannt bei etwas zusieht. Öfter aber sind die Menschen in Bewegung. 

   Wie ich schon mal beschrieben habe, ist mir manches mal bei der Betrachtung der fotografierten Bilder die Frage in den Sinn geschossen, was genau ich denn an der fotografierten Figur so festhaltenswert empfand. Ich schaue auf mein eigenes Bild und suche nach der Besonderheit, die mich zum Fotografieren dieses Fotos verleitete. Nur finde ich sie nicht wieder. 

   An meine Bilder habe ich natürlich den Anspruch, dass sie - in meinen Augen zumindest - eine besondere Austrahlung, eine gelungene Darstellung eines "schönen" Körpers aufweist. Taucht dann im Nachhinein die Frage auf: "Was war das Besondere an diesem Foto, warum habe ich gerade diesen Po fotografiert?", dann erweist mir schon dieses bloße Erscheinen der Fragestellung den Dienst der Kritik an meinem Bild. Ich erkenne das Bild natürlich wieder, kann mich an die Szenerie erinnern, aber ich lerne jedes Mal bei Auftauchen dieser Situation etwas über die Momentaufnahme eines Bewegungsablaufes. 

   Die Faszination des Körpers in diesem Moment der Bewegung ist nur sehr schwer in die Darstellung zu überführen. Aus dem Fluss der körperlichen Aktion kann ein herausgelöster Augenblick nur als Fragment wirken, dem die begleitende Leichtigkeit der Bewegungen, die überhaupt erst den Anmut des Körpers erschlossen hat, abhanden gekommen ist. 

   Möchte ich das ausgleichen, möchte ich diese Anmut in ein Foto übertragen, so gibt es verschiedene Wege dorthin. Den einfachsten, aber nicht unbedingt künstlerisch wirkungsvollsten Weg beschreibt die Serie. Frei nach dem Motto: "Eines wird schon was." Meiner Ansicht nach führt dieses unkonntrollierte Draufhalten nicht zu wertvollen Ergebnissen, von einigen Ausnahmen abgesehen. Viel mehr von einem Bild zu erwarten ist dann, wenn ich durch Erfahrungen meinen Blick für die Bewegungen geschult habe und auf die zu erwartenden Abläufe gezielt eine Fotografie erstellen kann. 

   Je öfter ich beispielsweise in Sachen Streetfotografie unterwegs bin, desto mehr Erfahrungen bilden meine Fähigkeiten und Fertigkeiten aus. Trotzdem ist es für mich eine wertvolle Erkenntnis, wenn ich die als vollkommen anmutig empfundene Erscheinung nicht auf dem Foto wieder finden kann. Es ist dann einfach so. Das Bild wandert aus den fotografischen Welten ins Nirvana der digitalen Welten. DELETE!



   Bei erfragten Portraits gibt es ebenso diese Bewegung, die Motion, die zwar von mir erfragt, gelenkt oder gesteuert ist, aber immer von der Portraitierten ausgeführt, ja von sich aus interpretiert, was ich nur mit Worten oder Gesten vorgebe. Auch dabei fließen die Handlungen und Bewegungen dagestellt im Körper wie ein Fluss, den ich am liebsten kurz stauen möchte, aber es deshalb auch wieder nicht geht, weil dadurch js gerade der Fluss unterbrochen wird, der die Anmut erst sichtbar macht.

   Also wieder nichts mit STOPP! Und sehen, hinsehen und lernen, um den richtigen Augenblick voraus zu ahnen und dann auch zu fotografieren, darauf kommt es mir an. Immer wieder finde ich Situationen, bei denen ich der Erkenntnis unterliege, dass dieses Foto, sollte ich es schießen, nicht das wiedergibt, was ich eigentlich dokumentieren will. Und dennoch bin ich noch nicht so weit, darauf zu verzichten. Ich denke noch immer : “Es könnte ja doch was geben.” Tut es aber nicht. Und wieder und wieder werde ich eines Besseren belehrt. Gerade das Feld der Streetfotografie kann einem für die Menschenfotografie viel vermitteln. Es ist meist eine schnelllebige Szenerie, die ich im Begriff bin, sie festzuhalten. Ich muss mich auf die Geschwindigkeit einstellen und durch viele versäumte Szenen lernen, wie es besser geht. Dass ich meine Kamera für die Streetfotografie sehr gut beherrschen muss ist eine Binsenweisheit. Natürlich sollte ich immer ein Werkzeug beherrschen, wenn ich damit arbeite. Bei der Streetfotografie ist es aber noch wichtiger, aus vielen gesammelten Erfahrungen die Einstellungen zu kennen, bei denen ich bevorzugt meine Fotos so erreiche, wie ich es mir vorstelle. Ich kann unmöglich für eine Szene in der Streetfotografie an meiner Kamera herumstellen, denn fast immer ist die Szene dann schon Geschichte.

  
   Wie die Gründer der Streetfotografie, beispielsweise Brassai oder Henri Cartier Bresson es schafften, ohne den Autofocus auszukommen ist der beste Beweis für mich! Sie haben die Kamera auf eine Entfernung eingestellt und haben sich in die richtige Entfernung begeben. Dadurch kann man sich auf das Wesentliche konzentrieren, die Bildgestaltung. Hinzu kommt noch das Objektiv, bei dem es sich nicht um ein Zoom-Objektiv handelte, Hingehen war die Devise! Auch nicht auf dem Display kontrollieren konnten sie ihre Bilder. Da hätten wir die Möglichkeit unsere Erfahrungen schneller in unser Können zu integrieren, wenn wir uns in dem Moment die Frage stellen: “Was stimmte gerade nicht an dem Bild.”
   So bin ich in der Streetfotografie bei mir selbst in der Lehre, immer besser werde ich beim Entdecken der Situationen, die vielleicht ein schönes Bild ergeben. Für Minuten manchmal wie blind unterwegs wegen der Suche nach dem richtigen Bildwinkel und Licht, aber sicher nicht bei der Suche nach der besten Kameraeinstellung. Mal sehen, wie es weiter geht mit den Bewegungen der Menschen.


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