Mit einer Fotografie kann der Fotograf ein Image eines Menschen
erschaffen. Abbilden wird der Fotograf mit seiner Kamera "nur" das, was
er sieht! Vordergründig betrachtet ist es richtig, doch es steckt hinter
einer Aufnahme, die der Betrachter, also wir, zu sehen bekommen,
bekanntlich viel mehr. Unter den vielen Gestaltungsmöglichkeiten einer
Fotosession mit einem Menschen finden sich Mittel und Wege, die Person
in den unterschiedlichsten Facetten wiederzugeben. Aus dem Modell lässt
sich ein Engel machen oder ein Vamp.
Wir als Betrachter der vielen Modell-Ikonen wie Christy Turlington, Laetitia Casta oder Milla Jovovic
können allein unter ihren bereits veröffentlichten Fotografien viele
verschiedene Gesichter und auch Charaktäre ausmachen. Der Einfluss des
Fotografen ist einfach wesentlich, gibt es doch unendlich viele Knipser
und Hobbypaparazzi auf der einen und wirkliche Fotografen, deren Bilder
in Ausstellungen und Büchern zu bestaunen sind, auf der anderen Seite.
Nebenbei bemerkt habe ich weder Ausstellung noch Buch publiziert. ;-)
Auch soll es keine Wertung eines Menschen sein nur des "Fotografen¨.
Was ein Fotograf vom Format wie zum Beispiel Peter Lindbergh aus einem
Menschenbildnis machen kann, das finde ich überaus bewundernswert. Es
spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle, mit welcher Kamera er das
macht und welches Equipment ihm zur Verfügung steht. Wenn ein Fotograf
oder eine Fotografin, gleichwohl ob Profi oder Amateur, sich Gedanken
vor einem bestimmten Shooting mit einem Modell macht, so kann er oder
sie das Ziel der Aufnahmeserie genau definieren. Will man ein bestimmtes
Ergebnis erreichen, sind im Umkehrschluss ganz bestimnte Vorbereitungen
unabdingbar. Nicht nur die Ausrüstung meine ich, auch Location,
Kleidung/Style, Licht oder Make-up bestimmt die Bildaussage.
Was will ich darstellen, welche Botschaft möchte ich mit einer Fotografie transportieren?
Was will ich darstellen, welche Botschaft möchte ich mit einer Fotografie transportieren?
Wenn ich mir die die Schönheitsvorstellung verkörpernden Modelle der
Mode- und Kosmetikindustrie so betrachte, dann kann die Botschaft derer
Bilder für mich nur die folgende sein. "Sieh her, ich bin die
personifizierte Schönheit, die Du auch erreichen kannst, wenn Du diese
oder jene Produkte auch benutzt!" Wir werden mit diesen Ikonen der
Schönheit tagtäglich mit einer Intensität konfrontriert, dass man
glauben könnte, so würde die Mehrheit der Menschen aussehen. Die Rolle
der Medien ist dabei entscheidend, denn erst durch deren Einsatz ist
eine so starke Verfügbarkeit erst möglich geworden.
Wer macht nun diese Bilder. Wer bereitet die Modelle auf die Film und
Fotosessions vor? Außer eines Visagisten oder Maskenbildners können
viele andere Personen involviert sein. Selbst bei den in den 1990ern und
2000ern in Mode gekommenen Natürlichkeitslooks, auf denen die Modelle
wie zufällig auf sehr natürliche Weise dargestellt wurden überließ man
nichts dem Zufall und jede noch so zufällig daherfliegende Haarsträhne
war genauestens geplant, wie mir ein befreundeter Modefotograf
versicherte.
Mit vielfältigen Mitteln kann der Fotograf den Look eines Menschen
verändern. Bei bekannten Gesichtern ist dies besonders deutlich. Meist
werden diese Personen des öffentlichen Rechts in sehr ähnlicher Weise
abgebildet. Viele derer verkörpern ein bestimmtes Image, welches der
Fotograf mit der Art seiner Aufnahmen gestaltet und auch aufrecht
erhält. Manch einer von uns wäre regelrecht erschrocken, wenn er eines
der Supermodelle oder eine(n) Schauspieler(in) ohne vorhergehendes
Styling ansehen könnte.
Stellen Sie sich ihren Partner oder ihre Partnerin vor, wie sie einmal
vollkommen geschminkt und mit modischster Kleidung und Frisur vor ihnen
stünde oder - einfach so - im weiten Pyjama mit zerzausten Haaren. Beides
ist der selbe Mensch und doch transportiert er eine vollkommen
widersprüchliche Bildaussage. Was jetzt hier als krasser Gegensatz
genannt wurde, kann im Einzelnen auch etwas sehr diffiziles sein, dass,
oberflächlich betrachtet, kaum auffällig ist, aber durch ein Fehlen doch
sehr starke Irritationen beim Betrachter erzeugt. Schon ein fehlender
Kajalstrich könnte eine ganz bestimmte Härte oder Entschlossenheit im
Gesichtsausdruck vermissen lassen. Das kann gewünscht sein, wenn eine
natürliche, sanfte Ausstrahlung des Modelles beabsichtigt wird. So
lassen sich manche Modelle nur sehr ausnahmsweise mal ohne eine
bestimmtes Make-up ablichten.
Der Fotograf kann die Aussage eines Images des Modelles weiter führen,
indem er ein Modell in stets sehr ähnlicher Art und Weise fotografiert,
bzw. die Bilder in genau dieser Art weiter bearbeitet, die der
gewünschten Optik des Modells oder des Auftraggebers Rechnung trägt.
Wenige Modelle haben - meiner Ansicht nach - eine besonders
breitgefächerte Vielfalt der darzustellenden Charaktäre oder Looks.
Viele sind festgelegt auf wenige bestimmte Rollen. Selbst, wenn sie es
versuchten, würden sie mehr von ihrem eigentlichen Image zerstören, als
ein neues dazugewinnen.
Sehr gut zu beobachten ist das bei den Schauspielerinnen, die aus der
Familienkommödie oder Vorabend-krankenhausserie stammen und danach eine
Tatortkommissarin darstellen sollen. Diese Veränderung gelingt nur sehr
selten und wirkt leider unglaubwürdig. Diese Aussage stellt meine
persönliche Ansicht dar.
Viele Modelle haben aus vorgenannten Gründen gerne nur bestimmte
Fotografen, weil es diese verstehen, die im Modell vorhandenen
besonderen optischen Attribute auf dem Film hervor zu heben, bzw. auf
den Chip. Jeder, der fotografiert, hat eine eigene "Sicht der Dinge". So
würde auch ein Mensch durch die Augen und schließlich durch die Linse
eines jeden Fotografen immer wieder anders dargestellt werden, ohne den
wechselnden Gemütszustand des Modells dazu zu bedenken.
So wie die Menschen in jedem anderen Menschen etwas anderes sehen, so
bringt auch jeder Fotograf bestimmte Eigenschaften seines Modells hervor
und genau an dieser Stelle beginnt der Einfluss des Fotografen. Er kann
sich für Eigenschaft A oder B oder C oder … auf seinen Bildern als
Hauptbotschaft entscheiden. Genau danach wird er vermutlich sein Modell
instruieren. Wenn auch die Auswahl der Bilder im persönlichen Bereich
durch das Modell selber erfolgt, so kann es dennoch ausschließlich
zwischen den geschossenenen Images (=Bildern) auswählen. Andere gibt es
nicht.
Bis hier her bin ich noch nicht mal auf die Frage eingegangen, in wie
weit die eigene Sichtweise des Modelles mit in die Bilder einfließt. Die
abschließende Frage am Ende der Session bei der Betrachtung der Bilder
ist dann, ob sich das Modell so wiedererkennt, wie es meint zu sein oder
auszusehen! Stimmen da die Sichtweisen des Modells und des Fotografen
überein oder nähern sich an? Oder soll es gar nicht so sein und der
Fotograf soll viel mehr etwas im Modell hervorheben/ entdecken /
erschaffen. Etwas, von dem das Modell meint, das er oder sie es
vielleicht nicht verkörpere oder ausgedrücke, der Fotograf solle es aber
erschaffen und in die Bildaussage transferieren.
Möglicherweise
kann es für ein Modell sehr spannend sein, den Fotograf in einem Teil
des Shootings freie Hand zu lassen und Ansichten kreieren zu lassen, in
denen sie oder er sich kaum wiedererkennt. Immer wird es dabei ein
Abbild des Menschen sein, das jedoch stark verfremdet sein kann und ganz
oft ist. Denn eines ist heutzutage ganz sicher: So gut wie keinem Bild
ist mehr zu trauen, dass man nicht selber bearbeitet hat! ;-)
<!--more
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wie im richtigen Leben - immer höflich und freundlich bleiben